Perutagebuch

Donnerstag, September 08, 2005

Griechische Mythologie (Perutagebuch Teil 12)

Ich beuge mich jetzt den Gegebenheiten. Im Hotel in Huaraz wusste man ja abends nichts besseres, als ins hotelinterne Internet zu gehen. Da es hier nun aber so toll ist - im eigenen Haus - komme ich hier nicht mehr so oft dazu. Deswegen werde ich ab jetzt den tagesgenauen Bericht aufgeben und zur zusammenfassenden Schreibweise ueberwechseln.
Wie es hier ist, muss man erleben. Die paar Details, die ich widergebe, entsprechen nur einem Bruchteil unseres Lebens. Letztes Wochenende waren wir wieder ausreiten. Diesmal mit der Familie, bei der wir immer essen. Ich steigere mich so langsam in den Anforderungen. Diesmal sass ich auf einem Hengst, gross gewachsen! Zumindest hatte ich das Gefuehl sehr hoch zu sitzen. Vom Schritt der letzten Woche, wurde jetzt auch auf Trab gewechselt. Galopp habe ich nur sehr kurze Zeit erlebt.
Um es uns so richtig gutgehen zu lassen, haben wir nun frische Milch fuer Quark (bzw. Russischen Zupfkuchen) und Sauerteig fuer deutsches Vollkornbrot (endlich!!!) angesetzt. In den letzten Tagen gab es auch schon einen Apfelkuchen. Astrid hat das Backen echt drauf. Ich hatte mich in der zwischenzeit mit einer Linsensuppe beschaeftigt. Wie zu Hause! Und wenn man gar nichts mehr zu tun weiss, dann kann man draussen am Steintrog seine Waesche waschen. Herrlich!
Meine Bezeichnung Hinterhof trifft im uebrigen nicht ganz zu. Innenhof ist besser. Da behandeln wir nun immer nachmittags. Unter einem Hibiskus, dessen Groesse mich immerwieder beeindruckt. Aber laeusefrei ist er auch hier nicht. Im Garten befinden sich dafuer drei riesige Loecher, die mit Steinen ausgekleidet sind. Wie wir mittlerweile in Erfahrung bringen konnten, handelt es sich dabei um Feuerstellen fuer Pachamanca. Das ist irgendwie ein Fleischgrillgericht. Wir kommen wahrscheinlich nach Arequipa in dessen Genuss. Im Garten wurde neulich jedenfalls fuer 1200 Personen gekocht.
Bei unserer Fruehstuecks- und Mittagsfamilie baeckt die Hausmama phantastisch aussehende Hochzeitstorten. Am Wochenende wurden dafuer 5 grosse Torten vorzueglich drappiert.
Seit Montag ist Cristhian wieder bei uns. Er unterstuetzt uns hervorragend mit Amalgam und Zement anruehren. Das hat den Vorteil, dass man waehrend der Arbeit sich immermal freinehmen kann, z.B. fuer Friseurbesuche oder kurze Nachmittagsschlaefchen.
Montag war ich im uebrigen auch Geld abheben. Es wurde schon dringend noetig! In Caraz (15000 Einwohner) gibt es genau 2 Geldautomaten. Keiner davon fuer Maestro oder Visa. Da mein bargeldliebender Vati sicherlich jetzt in sich reingrinst: man kann hier auch keine Euro oder Dollar tauschen! Die einzige Moeglichkeit war das Abheben mit Kreditkarte am Schalter. Und das hat gedauert! 30 Minuten anstehen, dann wurde ich zum Filialleiter weiterverwiesen, dort wieder 10 Minuten warten, dann hat dieser sich 10 Minuten telefonisch in Lima ueber meine Bonitaet und Identitaet erkundigt, dann wieder anderer Schalter und nach nur knapp einer Stunde war ich im stolzen Besitz von 1000 Soles... in 20 Soles Scheinen. 9 Scheine waren jeweils mit einem 10. gebuendelt und fuellten mein Portemonaie sehr prall.
Gestern bekam ich ein verlockendes Heiratsangebot. Eine Patientin bot ihre Tochter. Diese habe ich zwar nicht gesehen, aber sie soll einen grossen Busen haben und sowieso ganz toll sein. Nachdem Astrid bei einer anderen Patientin (50+) die Musik etwas lauter gestellt hat, wurde sie erstmal aufgefordert zu tanzen. Die Behandlung ist manchmal hier irgendwie zweitrangig. Im "Wartezimmer" ist die Stimmung auch immer sehr kommunikativ und aufgeheitert, obwohl die Frau die sich tagtaeglich um die Termine kuemmert etwas gewoehnungsbeduerftig ist. Sie hat das Zepter in der Hand und ihr impulsives Sein wird wohl nie eine Ruhepause erleben. Neulich hat sie das Innenhofbeet (mit bluehendes Amaryllis) in ein kleines Moor verwandelt. Das Wasser stand ein Tag lang mit einem Pegel von 10 cm. Der Wasserhahn direkt ueber diesem langen Steintrog machte es moeglich. Ihr Spanisch wird von Cristhian fuer uns ins Spanische uebersetzt. Er kennt schliesslich unsern Wortschatz in- und auswendig.
Fortsetzung folgt...