Perutagebuch

Sonntag, September 25, 2005

Der lange Wahlsonntag... (Perutagebuch Teil 14)

Folgendes moechte ich nochmal nachtragen: Ich werde es nicht schaffen, Postkarten zu schreiben. Das Tagebuch nimmt immer viel Zeit in Anspruch, und ist ja fuer euch alle eine bessere Informationsmoeglichkeit ein eine kleine Karte auf der nicht viel steht. Dem Zwang, jedem schreiben zu muessen, werde ich mich also nicht beugen. Immer wenn ihr hier schmoekert, denkt euch einfach, ihr haettet eine Postkarte erhalten. Da geht es jedem besser.
An den letzten Tagen in Caraz gab es in den Bergen ein grosses Feuer. Wie man von Einheimischen erfahren konnte, ist dieses jedoch recht nuetzlich, um alte und trockene Vegetation zu vernichten und um neuer Platz zu schaffen. Bei diesem Hintergrund konnte man das naechtliche Schauspiel gleich viel mehr geniessen.
Mittwoch war es dann soweit. Endlich waren wir in Lima am Flughafen und haben Basti abgeholt. Donnerstag dann gleich raus aus diesem Molloch. Lange kann man es da nicht aushalten. Es ging per 14stuendiger Busfahrt in die Stadt des ewigen Fruehlings und der ewigen Touristen. Astrid konnte sich mit Arequipa nicht so recht anfreunden. Wenn man jedoch etwas positive Energie investierte, konnte man in Hinterhoefen und abseits gelegenen Gassen Ruhe finden. Unser grosses Ziel (wegen dessen wir ueberhaupt die Strapaze der langen Reise auf uns nahmen) war der Cañon de Colca. Da wir ja aufgrund des fuer uns nicht stattfindenden Inkatrails etwas Zeit hatten buchten wir eine 4 Tageswanderung. Puenktlich nach Abfahrt des Busses in Richtung Cabanaconde (unser Startpunkt, 5 Stunden von Arequipa entfernt, nachts um 2 ging es los) verfiel Basti in Uebelkeitserscheinungen. Diese uferten spaeter in Rueckwaertsessen und er vernichtete dabei die leckere Schokotorte, die sich noch in der von ihm auserwaehlten Plastetuete befand. Nach einem weiteren Uebergeben am Anfang des Trekkings gab es nichts mehr was ihn verlassen konnte.
Und dann war es soweit. Wir waren 3 Stunden von der letzten Telefon- und Fernsehmoeglichkeit entfernt, abgestiegen in das Tal der Ahnungslosen, und in Deutschland flimmerte die erste Hochrechnung ueber den Bildschirm. Fuer die naechsten 4 Tage kein Strom, kein Fernsehen und natuerlich auch kein Handynetz. Am letzten Abend hat Basti dann Deutsche getroffen, die erst spaeter gestartet sind.
Was Basti waehrend der ganzen Zeit jedoch nicht so recht geniessen konnte war das herrliche Essen, welches Mittags und Abends fuer uns gekocht wurde. Gleich am ersten Tag, nach einem recht anstrengenden Abstieg wurden wir im Tal durch ein kleines Thermalbecken belohnt. Wunderbar warmes Wasser und Ausspannen. Danach war Essen fangen angesagt. Forellen sollte es geben. Ich habe zwar nichts zum Fang beigetragen, durfte aber dennoch mitessen.
Schluss fuer heute, Fortsetzung folgt...

Montag, September 12, 2005

Abendgestaltung (Perutagebuch Teil 13)

Was ich ganz vergessen habe: Letzte Woche hatten wir eine sehr lustige und nervige Abendveranstaltung. Essen mit Rotaryclub von Caraz. Da sie sonst ja nix fuer uns tun konnten, haben sie uns zum Essen geladen. Da wir 15 Minuten zu spaet in der neonbeleuchteten Spielunke waren, hatte der offizielle Teil schon begonnen. Reden auf Deutsch sind ja schon langweilig. Aber jetzt ging es ueber Geldausgaben, neue Mitglieder und unsere Huldigung... und das auf Spanisch. Zwischendurch ein kleines leckeres Essen an dem man sich hungrig gegessen hat. Wir mussten uns die ganze Zeit das Lachen verkneifen, was uns sichtlich schwer fiel. Am Hoehepunkt der guten Laune sind wir angelangt, als Christian waehrend einer Lebenslaufrede des neuen Mitglieds (bei der alle aufstanden) auf seine Uhr schaute.
Samstag waren wir dann wieder zu Pferd unterwegs und haben danach Orangen vom Baum gepflueckt und gegessen. Ein Fest fuer den Gaumen. Ebenso der Russische Zupfkuchen, der heute endlich gebacken werden konnte. Der selbsthergestellte Quark war fast zu schade zum verbacken. Abends sind wir nach Monterrey zu Christians Familie gefahren. In dem Haus gibt es nur eine Stelle, wo ich ohne anzustossen stehen kann. Nach oben in die Kueche geht es dann ueber ein paar Holzbretter. Ein Fenster, dass die schoene Aussicht versperrt, gibt es nicht. Ist auch besser wegen dem Rauch, der sich beim Holzfeuer im Herd entwickelt. Das Essen kann man geniessen, waehrend einem ein Windhauch um die Nase weht und sich die Tiere unter dem warmen Herd tummeln. Sehr idyllisch. Die Familie hat im uebrigen einen sehr ruhigen Boxer, auf dessen Ruecken sich die 2 kleinen mutterlosen Katzenbabys sehr wohlfuehlen.
Astrid hat leider den selbstgebackenen Kuchen fuer die Schweine vergessen. Aufgrund ihres Wunsches nach mehr Ballaststoffen wollte sie Haferflocken beimischen. Leider hat sie diese mit anderem Korn (welches vermutlich als Schweinefutter dienen soll) auf dem Markt verwechselt. Insgesamt war der Kuchen sehr spelzig und trocken, was zur Folge hatte, dass nun die Haelfte uebrig ist.
Heute war nun Cesars Geburtstag. Ich war offiziell krank. Sehr schwierig, da wir heute erst nach Caraz zurueckkehrten. Das bedeutete, dass wir 1,5 Stunden zusammen in einem Auto sassen. Anspruchsvolles Schauspiel kann ich nur sagen. Gott sei Dank lerne ich dieses ja in Leipzig. Ich war schon nach 15 Sekunden sehr ueberzeugend. Ich musste gar nicht sagen, dass ich krank bin. Nach kurzer Zeit fragte er schon nach. In Caraz angekommen machte sich die arbeitseifrige Gruppe schon bald los, waehrend ich fuer 5 Minuten in Bett fiel. Dann hiess es einkaufen. Schwarzwaelder Kirschtorte sollte es geben... und gab es auch... zumindest mit mehreren Modifikationen. Nach 2 Stunden Markt und diversen Geschaeften, hatte ich noch keine Sahne und auch keine Kirschen. Demzufolge wurden die Kirschen durch eine unreife Ananas ersetzt. Man sollte fuer den Kauf reifer Fruechte dringend einen Peruaner mit auf den Markt nehmen! Die Sahne wurde mit einer nach Kondensmilch schmeckender Milchcreme ersetzt und anschliessend mit seltsam schmeckender peruanischer Schokolade ueberstreuselt. Die Buttercreme war der Butter entsprechend salzig. Das Endergebnis war dennoch ueberraschend gut.
Irgendwas wollte ich hier jetzt noch schreiben, ist mir aber entfallen. Hole ich vielleicht nach. Morgen fahren wir nach Huaraz und Mittwoch dann nach Lima. Basti abholen. Die naechste Woche werde ich es sicher nicht zum Internet schaffen.
Fortsetzung folgt dennoch irgendwann...

Donnerstag, September 08, 2005

Griechische Mythologie (Perutagebuch Teil 12)

Ich beuge mich jetzt den Gegebenheiten. Im Hotel in Huaraz wusste man ja abends nichts besseres, als ins hotelinterne Internet zu gehen. Da es hier nun aber so toll ist - im eigenen Haus - komme ich hier nicht mehr so oft dazu. Deswegen werde ich ab jetzt den tagesgenauen Bericht aufgeben und zur zusammenfassenden Schreibweise ueberwechseln.
Wie es hier ist, muss man erleben. Die paar Details, die ich widergebe, entsprechen nur einem Bruchteil unseres Lebens. Letztes Wochenende waren wir wieder ausreiten. Diesmal mit der Familie, bei der wir immer essen. Ich steigere mich so langsam in den Anforderungen. Diesmal sass ich auf einem Hengst, gross gewachsen! Zumindest hatte ich das Gefuehl sehr hoch zu sitzen. Vom Schritt der letzten Woche, wurde jetzt auch auf Trab gewechselt. Galopp habe ich nur sehr kurze Zeit erlebt.
Um es uns so richtig gutgehen zu lassen, haben wir nun frische Milch fuer Quark (bzw. Russischen Zupfkuchen) und Sauerteig fuer deutsches Vollkornbrot (endlich!!!) angesetzt. In den letzten Tagen gab es auch schon einen Apfelkuchen. Astrid hat das Backen echt drauf. Ich hatte mich in der zwischenzeit mit einer Linsensuppe beschaeftigt. Wie zu Hause! Und wenn man gar nichts mehr zu tun weiss, dann kann man draussen am Steintrog seine Waesche waschen. Herrlich!
Meine Bezeichnung Hinterhof trifft im uebrigen nicht ganz zu. Innenhof ist besser. Da behandeln wir nun immer nachmittags. Unter einem Hibiskus, dessen Groesse mich immerwieder beeindruckt. Aber laeusefrei ist er auch hier nicht. Im Garten befinden sich dafuer drei riesige Loecher, die mit Steinen ausgekleidet sind. Wie wir mittlerweile in Erfahrung bringen konnten, handelt es sich dabei um Feuerstellen fuer Pachamanca. Das ist irgendwie ein Fleischgrillgericht. Wir kommen wahrscheinlich nach Arequipa in dessen Genuss. Im Garten wurde neulich jedenfalls fuer 1200 Personen gekocht.
Bei unserer Fruehstuecks- und Mittagsfamilie baeckt die Hausmama phantastisch aussehende Hochzeitstorten. Am Wochenende wurden dafuer 5 grosse Torten vorzueglich drappiert.
Seit Montag ist Cristhian wieder bei uns. Er unterstuetzt uns hervorragend mit Amalgam und Zement anruehren. Das hat den Vorteil, dass man waehrend der Arbeit sich immermal freinehmen kann, z.B. fuer Friseurbesuche oder kurze Nachmittagsschlaefchen.
Montag war ich im uebrigen auch Geld abheben. Es wurde schon dringend noetig! In Caraz (15000 Einwohner) gibt es genau 2 Geldautomaten. Keiner davon fuer Maestro oder Visa. Da mein bargeldliebender Vati sicherlich jetzt in sich reingrinst: man kann hier auch keine Euro oder Dollar tauschen! Die einzige Moeglichkeit war das Abheben mit Kreditkarte am Schalter. Und das hat gedauert! 30 Minuten anstehen, dann wurde ich zum Filialleiter weiterverwiesen, dort wieder 10 Minuten warten, dann hat dieser sich 10 Minuten telefonisch in Lima ueber meine Bonitaet und Identitaet erkundigt, dann wieder anderer Schalter und nach nur knapp einer Stunde war ich im stolzen Besitz von 1000 Soles... in 20 Soles Scheinen. 9 Scheine waren jeweils mit einem 10. gebuendelt und fuellten mein Portemonaie sehr prall.
Gestern bekam ich ein verlockendes Heiratsangebot. Eine Patientin bot ihre Tochter. Diese habe ich zwar nicht gesehen, aber sie soll einen grossen Busen haben und sowieso ganz toll sein. Nachdem Astrid bei einer anderen Patientin (50+) die Musik etwas lauter gestellt hat, wurde sie erstmal aufgefordert zu tanzen. Die Behandlung ist manchmal hier irgendwie zweitrangig. Im "Wartezimmer" ist die Stimmung auch immer sehr kommunikativ und aufgeheitert, obwohl die Frau die sich tagtaeglich um die Termine kuemmert etwas gewoehnungsbeduerftig ist. Sie hat das Zepter in der Hand und ihr impulsives Sein wird wohl nie eine Ruhepause erleben. Neulich hat sie das Innenhofbeet (mit bluehendes Amaryllis) in ein kleines Moor verwandelt. Das Wasser stand ein Tag lang mit einem Pegel von 10 cm. Der Wasserhahn direkt ueber diesem langen Steintrog machte es moeglich. Ihr Spanisch wird von Cristhian fuer uns ins Spanische uebersetzt. Er kennt schliesslich unsern Wortschatz in- und auswendig.
Fortsetzung folgt...

Freitag, September 02, 2005

Huaraz liegt hinter uns (Perutagebuch Teil 11)

Die letzten Tage Huaraz in Kurzfassung. Es ist nicht viel passiert und Astrid kocht uns gerade etwas, da muss ich puenklich nach Hause zu Mama.
29.08.2005: Der erste Tag nach dem Trekking verlaeuft etwas ruhiger. Schoener Ort in den Communidades, nachmittags in Monterrey. Gott sei Dank gab es dort ein Klo. Meine letzte Patientin des Tages musste ich zweimal verlassen, um dieses aufzusuchen.
30.08.2005: Ja, es plagen mich mal wieder magentechnische Ausfaelle. Diesmal zum dritten. Was meine gesorgte Frau Mama erst hier erfahren wird: ich blieb heute im Hotel. Die Schubwellen kamen zu schockartig. Da hatte ich schon zu tun, es vom Bett zum Klo zu schaffen. Den ganzen Tag auf der faulen Haut. Abends war ich dementsprechend etwas verdreht.
31.08.2005: Nur wer sich aendert, bleibt sich treu! Nach diesem Motto aenderte sich mal wieder der Plan. Morgen noch in Huaraz arbeiten und erst am Freitag in Caraz. Heute haben wir dafuer einen allgemeinen Abschiedstag, den wir zu unserer freien Verfuegung haben. Ein bisschen ausspannen, Klogaenge pflegen und etwas in der Stadt rumtapsen.
01.09.2005: Wir waren heute nochmal in einer Communidade arbeiten. Wieder eine Schule. Ich kann mir bis jetzt nicht erklaeren, wie wir binnen 3 1/2 Stunden 29 Kinder behandelt haben.
Nachmittag haben wir (Bine aufgepasst!!!) das leckere Schokoladenkuchenrezept aus unserem Lieblingsrestaurant erfragt.
@Bine: du erzaehlst, ich hoere zu. Sonst komme ich doch nicht zum Schokolade geniessen!
@alle: Abend gab es dann noch Abrechnungsprobleme im Hotel. Es gab da so Rechnungen, mit 3 Filets oder 5 grossen Copa de Pisco sour. Da Astrid weder Pisco noch Fleischgeniesser ist, waere das alleine mir zugeschrieben worden. Was so alles in mich reinpasst...! Und die riesigen Mengen Alkohol die ich angeblich vertrage...! Irgendjemand hat da fuer unser Zimmer unterschrieben. Es war sehr lustig und spannend.
Aufgrund dieser Verzoegerung ging es dann erst 23:00 nach Caraz. Hier ist es sooooo wunderbar. Noch viel besser als in Huaraz. Cesar hat hier ein Haus, meist unbewohnt. Dieses nutzen wir als Domizil und Arbeitsplatz. Vormittags fahren wir wieder in Schulen rum. Nachmittags arbeiten wir im Hinterhof. Wir haben hier im uebrigen alles. Wohnzimmer, 2 getrennte (mit Durchguck verbundene) Schlafzimmer, Kueche, Dusche mit kaltem Wasser (immerhin) Garten, Hinterhof, ...! Nebenan ein Friseur (den ich dringend brauche), an der Ecke ein anrufbares Telefon (nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit), Fruehstueck und Mittag bei einer Familie um die Ecke, nur Hunde und Grillen in der Nacht, alles klein und ruhig. Das Paradies.
Mehr dann ein anderes mal.
Fortsetzung folgt...