Abermals Trekking (Perutagebuch Teil 10)
23.08.2005: Dieser Tag ist nun schon so lang her, dass ich mich nicht mehr an ihn erinnern kann. Was wichtiges wird nicht passiert sein.
24.08.2005: Heute wieder in einer Schule, sehr viele behandlungsunwillige Kinder (im Gegensatz zu anderen Orten). Ansonsten wurde ich noch zum Salvador de dientes (Retter / Erloeser / Heiland der Zaehne) ernannt, da ich am Vorabend bei einem 28 vestibulaer (mit pulpitischen Beschwerden) eine Fuellung mit direkter Ueberkappung gelegt habe, anstatt den Zahn (wie in Peru anscheinen ueblich) einfach zu extrahieren. Fuer zahnmedizinisch nicht ganz so bewanderte: Oberkiefer Weisheitszahn mit extrem viel Karies bis zum Nerv, dieser schon entzuendet (fraglich ob reversibel), wegen schlechter Zugaenglichkeit waere hier das Ziehen die Therapie der Wahl. Zitat: "Schneller und leichter!"
25.08.2005: Hatte ich es schon erwaehnt? Machu Picchu ist bis Ende Oktober ausgebucht. Alles nicht schlimm, da es hier oben paradiesisch schoen ist. Unsere Reiseplanung sieht nun also vor: 14.09. nach Lima fahren, abends Basti abholen. Dann am 15.09. nach Arequipa, dort 2 Tage Umgebung und einen 3-Tages-Trekk durch das Cañon de Colca (Condore anschauen). Um das ganze abzurunden dann wieder hier nach Huaraz oder Caraz, 4 Tage Santa-Cruz-Trek und hier noch ein paar Tagesausfluege. Santa Cruz wieder mit Christian.
Behandlung war uebrigens heute unter freiem Himmel. Es ist sehr amuesant, wenn die Kuh- und Schafherden durchs Behandlungszimmer streifen und die Hunde vom Fussanlasser aus hochschauen.
26.08.2005: Vormittags mal wieder in einem Dorf... Alltag! Nachmittags Instrumente putzen, im Kloster mal gross reine machen und abends Vorbereitungseinkaeufe fuer Trekking. Ich habe zwei schoene Pullover erstanden. Zwar ein paar gezogene Faeden, aber was will man schon fuer 11 Euro erwarten. Dafuer kriegt man in Deutschland ja noch nicht einmal die Wolle. Notfalls kann ich ihn ja dort aufdroeseln und mir von Mutti einen neuen stricken lassen!
27.08.2005: Puenktlich 45 Minuten zu spaet kommen wir am Kloster an. Unser Treffpunkt mit Christian. Heute sind wir nun auch zu Wanderspiessbenutzern geworden. Weniger um damit zu wandern, sondern eher um die Hunde abzuwehren. Einer dieser Flohsaecke hat sich dennoch uns angeschlossen und ist uns die letzten 5 km zu den Ruinen von Honcopampa gefolgt. Von Bullen jagen, Schafe einkreisen bis Pferdetritt einstecken war alles dabei. Bei den Ruinen wollten wir zelten und am naechsten Tag zu irgendwelchen schoenen Wasserfaellen laufen. Zu der Lagune waere es ja fuer uns zu weit... jedenfalls zu Fuss. Wir folgten Astrids Vorschlag und Christian mietete in der kleinen Siedlung fuer uns 3 Pferde inklusiv Fuehrer. 20 Soles (5,20 Euro) pro Pferd ist doch ein fairer Preis.
Wir schlugen unsere Zelte direkt neben den Ruinen auf... was braucht man da noch Machu Picchu, wo nahezu alles reglementiert ist!? Dann ging es ans Kaffee kochen. Im Vorzelt wurde ein kleines Lagerfeuer entfacht (draussen war es zu windig) und der kleine Topf voll Wasser zum Kochen gebracht. Dann ein kleines Abendbrot bestehend aus Broetchen mit Kaese. Der Hund war zu meinem Leidwesen immernoch da und hat sich auch immernoch laufend gejuckt (mir geht es jedoch noch gut). Um mein Vertrauen zu erhaschen, passte er auf uns auf. Sobald sich irgendetwas regte schlug er Alarm und huetete uns wie seine anvertraute Schafherde.
Es folgte der Versuch des Schlafens unter freiem Himmel, was jedoch aufgrund der spannenden Sternbilder, Schnuppen (7 habe ich gezaehlt) und bellenden Hunde der Umgebung nicht so gut funktionierte. Nach laengerem Doesen bin ich gegen 1 Uhr mit kalter Nase wieder aufgewacht. Astrid versuchte mich gerade umzubetten, um ihre Isomatte mit ins Zelt zu nehmen. Wegen der frierenden Nase folgte ich ihrem guten Beispiel. Christian war schon drinnen. Mein Schlafsack war von aussen ueberfroren mit Wassertropfen. Dies war nun also sein Haertetest. Ich lag da drinnen nur mit Unterhose und T-Shirt und mir war es warm (bis auf die Nase).
Astrid bestand wie auch schon vor dem Zelt darauf, dass der Flohsack neben ihr schlief. Wie sie mir heute mitteilte habe das waermetechnische Vorteile. 34 Millionen Organismen strahlen halt eine gewisse Waermeenergie ab!
28.08.2005: Um 06:00 machten wir uns hoch (oder vielmehr niedrig) zu Ross auf den Weg zur Lagune Urus. Dick eingepackt in Pullover und Handschuhe (selbstgestrickte Alpacahandschuhe habe ich neulich zum unschlagbaren Preis von 5 Soles - 1,30 Euro erworben) erlebten wir wieder einen Sonnenaufgang, wunderschoen. Der Pfad fuehrt sehr steil hinauf. Trotz des Mitleids, welches ich gegenueber den Pferden verspuerte, war ich sehr froh, den Weg nicht selber gehen zu muessen. Die letzten 500 Meter waren dann selbst fuer diese bergerfahrenen Pferde zu hart, sodass sie ihre schwere Last los waren. Die Lagune war wieder umwerfend. Heute haben wir nun endlich in einer gebadet. 5 Zuege hin, 5 zurueck, aber man war drin. Es erinnerte mich ein bisschen an die Temperaturen der Lauer im Spaetfebruar.
Zurueck ging es dann wieder zu Pferd. Sehr anstrengend, wenn man bergab die ganze Zeit an das vordere Ende des Sattels rutscht. Da es in Deutschland aber nicht so steil zugeht, ist Reiten nun mein naechstes Lebensziel!
Als wir die Pferde und Ruinen hinter uns liessen (Flohsack folgte uns immernoch), ging es im Verhaeltnis zur letzten Woche recht bequeme Wege bergab. In irgendeinem Dorf, nahmen wir uns dann ein Collectivo. Ein recht kleiner Toyota-Combi. Fahrer + 2 Beifahrer + 4 Leute Rueckbank + 2 Leute auf Ladeflaeche + unsere 3 Rucksaecke. Im Tal angekommen mussten wir dann das Collectivo wechseln. Hier nahm das Unheil seinen Lauf. Mein Rucksack kam vorne auf eine Bank. Astrid und ich recht weit hinten, Christian etwas weiter vorne. Soweit so gut. Rucksack war in meinem Blickfeld. Das Collectivo fuellte sich rasch. Unsere Rucksaecke wurden aufs Dach verfrachtet. Im Kloster angekommen fehlte meine Kamera. Das Collectivo war schon weg. Christian und ich nahmen ein Taxi und nahmen die "Verfolgung" auf. So ganz hinter das System der Collectivos bin ich noch gekommen. Jedoch scheint es da Stellen in Huaraz zu geben, die von den Collectivos angefahren werden. Irgendwie jedenfalls hielten wir hinter besagtem Kleinbus. Was nun folgte, war wie ein schlechter Film. Es gibt immer 2 Leute. Einen Fahrer, sowie hinten einen Kassierer und Tueroeffner (der im uebrigen auch rausbruellt, wohin gerade gefahren wird). Christian stuermte auf diesen Kassierer zu. Dieser stand im Fahrzeug, gerade der heillos dichtgedraengten Menschenmenge im Innenraum zugewandt. Er riss ihn am Arm rum, schuettelte ihn durch, riss ihm am Hemd und ueberschuettete ihn mit einem spanischen Redeschwall, wo ich heute noch nicht einmal den groben Inhalt verstand. Bloss ein Wort kam immer wieder: Kamera!
Das ganze Schauspiel wurde von der interessierten Menschenmasse im Collectivo gespannt verfolgt und dauerte etwa 30 Sekunden. Dann wurde der Kassierer zum Fahrer geschliffen und Christian erhielt dort die schon gut unterm Sitz verstaute Kamera. Weiter gings: auf zum Taxi in Richtung Polizei. Die beiden auf der Rueckbank. Wieder heftiges Diskutieren und Gestikulieren. Nach 2 Minuten dann Christians Frage, ob er ihn laufen lassen soll. Anzeigen in Deutschland koennen schon lange dauern. Und das dann noch in Kombination mit peruanischer Gelassenheit? Nein, danke. Ich hatte ja meine Kamera wieder.
Abends waren wir dann noch mit Christian Essen und Tanzen. Eine sehr schoene Diskothek mit vorzueglicher, meist spanischsprachiger Musik. Ich werde in Deutschland nie wieder einen Piña Colada trinken. Wer ihn hier mal probiert, wird das verstehen.
Fortsetzung folgt...